Geschichte des Schlagzeugs: Das Herzstück jeder Band

Das moderne Schlagzeug ist eine relativ junge Erfindung, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Heute ist es das unverzichtbare Fundament jeder Band und sorgt für Groove, Energie und Dynamik in Rock, Jazz, Pop, Funk und unzähligen weiteren Genres.

Die Anfänge: Vom Einzelinstrument zum Set

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Orchestern und Marschkapellen Trommeln und Becken von mehreren Musikern gespielt. Die Große Trommel (Bass Drum) wurde von einem Musiker gespielt, die Snare von einem anderen, Becken von einem dritten. Das war unpraktisch und personalintensiv. Mit dem Aufkommen von Vaudeville-Theatern, Jazz-Clubs und kleineren Bands wurde ein Bedarf nach einer platzsparenden Lösung laut: Ein Musiker sollte mehrere Percussion-Instrumente gleichzeitig spielen können.

Die Erfindung des Bass-Drum-Pedals

Der entscheidende Durchbruch kam 1909, als William F. Ludwig Sr. das erste praktikable Bass-Drum-Pedal erfand. Mit diesem Pedal konnte ein Schlagzeuger die große Trommel mit dem Fuß spielen, während die Hände frei waren für Snare, Becken und andere Trommeln. Dieses Patent legte den Grundstein für das moderne Drumset.

Das Jazz-Zeitalter: Das Drumset nimmt Form an

In den 1920er und 30er Jahren, der Ära des Jazz und Swing, entwickelte sich das Drumset weiter. Komponenten wie die Hi-Hat (ursprünglich "Low-Boy" genannt, bodennah gespielt, später erhöht), Ride- und Crash-Becken, Tom-Toms und Snare-Drum wurden zu einem Set kombiniert. Drummer wie Baby Dodds und Gene Krupa popularisierten das Schlagzeug als Soloinstrument und zeigten, dass Drummer nicht nur Taktgeber, sondern auch Entertainer sein können. Gene Krupa's Solo in "Sing, Sing, Sing" (1937) mit Benny Goodman machte ihn zum ersten Schlagzeug-Superstar.

Rock 'n' Roll & die Revolution der 1960er/70er

Mit dem Aufkommen von Rock 'n' Roll in den 1950ern und Rockmusik in den 1960ern wurde das Schlagzeug lauter, kraftvoller und zentraler. Drummer wie Ringo Starr (The Beatles), Keith Moon (The Who) und vor allem John Bonham (Led Zeppelin) definierten den Sound des Rock-Schlagzeugs: wuchtig, dynamisch und ausdrucksstark. Das Drumset wurde größer – mehr Toms, größere Bass-Drums, mehr Becken. In den 1970er Jahren baute Neil Peart (Rush) gigantische Sets mit Dutzenden von Trommeln und Becken.

Elektronische Drums & moderne Entwicklungen

In den 1980er Jahren kamen elektronische Drums auf den Markt. Firmen wie Roland und Simmons entwickelten E-Drums, die kompakter, leiser und vielseitiger waren. Sie ermöglichten es, in Wohnungen zu üben, verschiedene Sounds abzurufen und mit Click-Tracks zu spielen. Heute kombinieren viele Drummer akustische und elektronische Elemente (Hybrid-Setups). Moderne Schlagzeuger nutzen Trigger, Samples, Loop-Pads und digitale Technik, um ihren Sound zu erweitern.

Schlagzeug

Ikonen am Schlagzeug: Berühmte Drummer

Von Rock bis Jazz – diese Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger zeigen, wie sehr Persönlichkeit, Technik und Groove den Bandsound prägen.

John Bonham (1948-1980)

John Henry Bonham, genannt "Bonzo", kam aus den englischen Midlands (Redditch, Worcestershire) und trommelte als Kind auf Töpfen, Pfannen und einem selbstgebauten Set aus Pappkartons. Mit 15 bekam er sein erstes richtiges Drumset. Er arbeitete kurz als Maurer, bevor er Vollzeit-Musiker wurde. 1968 holte ihn Jimmy Page zu Led Zeppelin, und Bonham wurde das rhythmische Herz der Band. Seine gewaltige Bassdrum, sein einzigartiges Timing und sein Gefühl für Dynamik (von flüsterleise bis ohrenbetäubend laut) definierten den Hardrock der 1970er Jahre. Bei Soli wie „Moby Dick" griff er schon mal mit bloßen Händen an die Felle und erzeugte unglaubliche Grooves. Bonham starb tragisch 1980 nach exzessivem Alkoholkonsum, doch sein Einfluss auf Rock-Drummer ist bis heute unübertroffen. Sein Groove in "When the Levee Breaks" gilt als einer der meist-gesampleten Drum-Beats der Musikgeschichte.

Buddy Rich (1917-1987)

Bernard „Buddy" Rich war ein Wunderkind des Vaudeville und trat bereits mit 18 Monaten als "Baby Traps, the Drum Wonder" auf. Mit 11 Jahren leitete er eine eigene Band. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er bei der Marines diente, spielte er mit den größten Big Bands (Tommy Dorsey, Harry James) und leitete später eigene Bands. Seine unglaubliche Technik, Geschwindigkeit und Präzision machten ihn zur Messlatte für Jazz-Drummer auf der ganzen Welt. Buddy Rich spielte im traditionellen Matched Grip und war bekannt für seine blitzschnellen Single-Stroke-Rolls und sein fotzenhartes Temperament. Er beherrschte komplexe Big-Band-Arrangements meist schlicht nach Gehör, ohne Noten. Bis zu seinem Tod 1987 tourte er unermüdlich und inspirierte Generationen von Drummern.

Sheila E. (geb. 1957)

Sheila Escovedo stammt aus einer berühmten Musikerfamilie in Oakland, Kalifornien – ihr Vater Pete Escovedo war ein renommierter Percussionist. Mit fünf Jahren stand sie bereits mit ihm auf der Bühne. Als Teenager tourte sie mit ihrem Vater und lernte Latin-, Jazz- und Funk-Rhythmen. In den 1980er Jahren wurde sie durch ihre Zusammenarbeit mit Prince weltbekannt. Mit ihm ging sie auf Welttournee und lieferte energiegeladene Performances, die Timbales, Congas und Drumset kombinierten. Hits wie "The Glamorous Life" und "A Love Bizarre" machten sie zum Star. Sheila E. verbindet seither Latin-Grooves mit Pop-Energie, spielt mit Jazz-Größen, produziert und setzt sich mit ihrer Elevate Hope Foundation für benachteiligte Kinder ein. Sie ist eine der einflussreichsten Schlagzeugerinnen und zeigt, dass Frauen im Percussion-Bereich Maßstäbe setzen können.

Ringo Starr (geb. 1940)

Richard Starkey, bekannt als Ringo Starr, wuchs in Liverpool in ärmlichen Verhältnissen auf und verbrachte als Kind viel Zeit im Krankenhaus wegen schwerer Erkrankungen. Die Musik wurde sein Zufluchtsort. 1962 wurde er Schlagzeuger der Beatles und lieferte mit lässigem Groove, Kreativität und Humor den unverwechselbaren Puls für die Band. Obwohl er oft als "einfacher" Drummer abgetan wurde, sind seine Grooves und Fills ("Come Together", "A Day in the Life", "Ticket to Ride") ikonisch und perfekt auf die Songs abgestimmt. Ringo nutzte trotz Linkshändigkeit ein Rechtshänder-Drumset, was seine berühmten "um die Ecke"-Fills ermöglichte. Nach den Beatles hatte er eine erfolgreiche Solokarriere, tourt bis heute mit seiner All-Starr Band und setzt sich für Frieden und Vegetarismus ein.

Travis Barker (geb. 1975)

Travis Landon Barker wuchs in Fontana, Südkalifornien, auf. Seine Mutter erkannte früh sein Talent und schenkte ihm sein erstes Drumset mit fünf Jahren. Er spielte in Marching Bands, Jazz-Bands und Punk-Bands, bevor er 1998 bei Blink-182 einstieg und die Band zum Pop-Punk-Phänomen machte. Sein schnelles, technisches Spiel mit Hip-Hop- und Punk-Einflüssen definierte den Sound der Band. 2008 überlebte er knapp einen Flugzeugabsturz, bei dem vier Menschen starben und er schwere Verbrennungen erlitt. Nach langer Reha kämpfte er sich zurück auf die Bühne. Seither mischt er mit Kollaborationen von Punk über Hip-Hop bis Pop (u.a. mit Lil Wayne, Machine Gun Kelly, Willow Smith) und betreibt nebenbei die Streetwear-Marke „Famous Stars and Straps". Travis ist bekannt für seine rasanten Drum-Fills, Double-Bass-Arbeit und energetischen Live-Performances.

Berühmte Grooves & Songs zum Lernen

Hier sind einige legendäre Drum-Grooves, die sich hervorragend für den Einstieg eignen. Wir haben dir Links zu Tutorials und Tabs zusammengestellt.

Song Künstler Warum er sich lohnt Link
We Will Rock You Queen Der legendäre "Stomp-Stomp-Clap"-Groove! Einfach, aber extrem effektiv. Perfekt für Anfänger.
Smells Like Teen Spirit Nirvana Der Grunge-Klassiker! Ein treibender Rock-Beat, der Energie und Power vermittelt.
Superstition Stevie Wonder Ein Funk-Meisterwerk! Synkopierte Hi-Hat und fetter Groove. Perfekt, um Timing zu trainieren.
Come Together The Beatles Ringo Starrs unverwechselbarer Groove. Laid-back, aber mit präzisen Fills. Ein Klassiker!
Uptown Funk Bruno Mars Moderner Funk mit tightem Groove! Perfekt für Pop-Drummer und Dance-Feeling.

Ausrüstung: Dein Weg zum perfekten Drumset

Die Welt der Schlagzeug-Ausrüstung ist riesig. Hier ist der ultimative Guide für alles, was du am Anfang wissen musst und worauf du achten solltest.

1. Drumset-Typen: Akustisch vs. Elektronisch

Akustische Drumsets:

Das klassische, "echte" Schlagzeug. Erzeugt seinen Klang rein mechanisch durch Schlagen auf Felle. Unverwechselbares Spielgefühl, organischer Sound, aber laut!

Akustisches Drumset
  • Standard-Set (5-teilig): Bass Drum (Große Trommel, meist 20" oder 22"), Snare Drum (14"), 2-3 Tom-Toms (10"-14"), Floor Tom (14"-16"), Hi-Hat, Crash-Becken, Ride-Becken. Das ist die Grundausstattung für Rock, Pop und Jazz.
  • Erweiterungen: Zusätzliche Toms, Crash-Becken, China-Becken, Splash-Becken, Cowbell, Percussion. Je nach Stil und Vorliebe.
  • Materialien: Kessel meist aus Holz (Birke, Ahorn, Mahagoni) oder Metall (Stahl, Aluminium). Holz klingt warm, Metall brillant und durchsetzungsfähig.
  • Empfehlenswerte Marken: Yamaha, Pearl, Tama, Ludwig, DW (Drum Workshop), Gretsch, Sonor.
  • Preis-Tipp: Gute Einsteiger-Drumsets gibt es ab 300€ (z.B. Yamaha Stage Custom, Pearl Export, Tama Imperialstar). Gebrauchte Sets sind oft deutlich günstiger!

Elektronische Drums (E-Drums):

Pads statt Felle, Sound aus dem Modul. Leiser (nur die mechanischen Schläge sind hörbar), vielseitig (hunderte Sounds) und kompakt. Perfekt für Wohnungen und leises Üben!

Elektronisches Drumset
  • Mesh-Heads vs. Gummi-Pads: Mesh-Heads fühlen sich realistischer an und sind leiser. Gummi-Pads sind günstiger, aber lauter und weniger realistisch.
  • Sound-Modul: Das Herzstück. Je besser das Modul, desto realistischer und vielfältiger die Sounds. Achte auf Anschlussmöglichkeiten (USB, MIDI, AUX).
  • Empfehlenswerte Marken: Roland (Marktführer), Yamaha, Alesis, Millenium (günstig).
  • Preis-Tipp: Einsteiger-E-Drums gibt es ab 300€ (Alesis Nitro Mesh, Millenium MPS-850). Für 800-1500€ bekommt man sehr gute Sets (Roland TD-17, Yamaha DTX6).

2. Becken: Die Seele des Drumsets

Becken machen oft den größten Unterschied im Sound. Günstige Einsteiger-Sets haben meist minderwertige Becken aus Messing-Legierungen (B8). Investiere hier lieber früher als später!

Schlagzeug-Becken
  • Hi-Hat (14"): Zwei Becken übereinander, mit Fußpedal zu öffnen/schließen. Das wichtigste Becken für Rhythmus und Groove.
  • Crash-Becken (16"-18"): Für Akzente und laute Stellen. Heller, explosiver Klang.
  • Ride-Becken (20"-22"): Für konstantes Timekeeping, oft im Jazz. Warmer, voller Klang.
  • Material: Profi-Becken bestehen aus B20-Bronze (20% Zinn). Klangvoller, komplexer, aber teurer. B8 oder B10 sind günstiger, klingen aber "blecherner".
  • Empfehlenswerte Marken: Zildjian, Sabian, Meinl, Paiste, Istanbul Agop.
  • Preis-Tipp: Ein Set aus Hi-Hat, Crash und Ride kostet in Einsteigerqualität (B8) ab 150€, in Profiqualität (B20) ab 400€. Kaufe lieber weniger, aber bessere Becken!

3. Sticks, Hocker & Zubehör

Drumsticks und Zubehör
  • Drumsticks: Wichtiger als man denkt! Sticks gibt es in verschiedenen Größen und Gewichten. Die beliebtesten:
    • 5A: Standard, vielseitig, mittelgroß. Perfekt für Anfänger.
    • 5B: Etwas dicker und schwerer. Für lauteres Spiel (Rock, Pop).
    • 7A: Leichter und dünner. Für Jazz, leises Spiel, Kinder.
    Marken: Vic Firth, Promark, Vater. Preis: ab 8€/Paar.
  • Hocker: Höhenverstellbar und stabil! Die richtige Sitzhöhe ist entscheidend für gesunde Haltung und entspanntes Spielen. (ab 30€)
  • Metronom: Zum Üben unverzichtbar! Gibt es als mechanisches Gerät, elektronisch oder als App. (ab 15€)
  • Übungspad: Für leises Üben von Rudiments und Technik. Ein 12"-Pad kostet ab 20€. (Empfehlung: Evans RealFeel)
  • Gehörschutz: WICHTIG! Schlagzeug ist laut (bis zu 120dB). Schütze dein Gehör mit Ohrstöpseln oder speziellen Musiker-Gehörschutzstöpseln. (ab 5€)
  • Kopfhörer: Für E-Drums. Geschlossene Studio-Kopfhörer (z.B. Audio-Technica ATH-M50X, Beyerdynamic DT 770) isolieren gut und klingen präzise. (ab 50€)

4. Pflege & Wartung

Felle: Schlagzeug-Felle nutzen sich ab und sollten alle 6-12 Monate gewechselt werden (je nach Spielhäufigkeit). Neue Felle klingen heller und resonanter.

Hardware: Pedale, Ständer und Schrauben regelmäßig prüfen und bei Bedarf ölen bzw. festziehen. Quietschende Pedale mit WD-40 oder Pedal-Lube behandeln.

Reinigung: Trommeln und Becken regelmäßig mit trockenem oder leicht feuchtem Tuch abwischen. Becken kann man mit speziellem Becken-Reiniger polieren (aber Vorsicht: manche Drummer mögen den "schmutzigen" Sound alter Becken).

5. Kauftipps

  • Akustisches Drumset: Für Anfänger reichen Einsteiger-Sets (Yamaha, Pearl, Tama) völlig. Investiere lieber in bessere Becken! Gebrauchte Sets sind oft ein Schnäppchen.
  • E-Drums: Mesh-Heads lohnen sich! Sie fühlen sich besser an und sind leiser. Achte auf ein gutes Sound-Modul mit vielen Sounds und Anschlüssen.
  • Für Kinder: Junior-Sets mit kleineren Trommeln (ab 5 Jahren). Oder ein günstiges E-Drum-Set mit Kopfhörern.
  • Lautstärke: Wenn Nachbarn ein Problem sind, sind E-Drums oder Mesh-Head-Pads für akustische Drums die Lösung.