Geschichte des Klaviers: Von der Erfindung zum Herzstück der Musik
Die Geschichte des Klaviers ist eine faszinierende Reise durch
Jahrhunderte und Kulturen. Seine Vorläufer sind Tasteninstrumente
wie das Cembalo und das Clavichord, die bereits im Mittelalter und
der Renaissance beliebt waren. Doch erst mit der Erfindung des
Hammermechanismus begann die Erfolgsgeschichte des modernen
Klaviers.
Die Wiege in Italien: Bartolomeo Cristofori
Um 1700 entwickelte der italienische Instrumentenbauer
Bartolomeo Cristofori in Florenz das erste
"gravicembalo col piano e forte" – das ursprüngliche Pianoforte. Im
Gegensatz zum Cembalo, bei dem die Saiten angerissen wurden, konnten
beim neuen Instrument die Tasten unterschiedlich stark angeschlagen
werden, wodurch Lautstärke (piano = leise, forte = laut) und
Ausdruck erstmals kontrollierbar wurden. Diese revolutionäre
Hammermechanik ermöglichte es, durch die Anschlagsdynamik Emotionen
direkt zum Ausdruck zu bringen. Diese Innovation legte den
Grundstein für die Entwicklung des Klaviers, wie wir es heute
kennen.
Die Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert verbreitete sich das Pianoforte in ganz Europa.
Zwei Bauweisen konkurrierten: die "Wiener Mechanik" (leichter
Anschlag, brillanter Ton) und die "englische Mechanik" (kräftiger
Anschlag, voluminöserer Klang). Komponisten wie
Wolfgang Amadeus Mozart und
Ludwig van Beethoven schrieben Werke speziell für
das neue Instrument und trieben seine Entwicklung voran. Die
Mechanik wurde stetig verbessert, der Tonumfang von anfangs fünf auf
über sieben Oktaven erweitert und der Korpus vergrößert. Im 19.
Jahrhundert führte die industrielle Revolution zur Erfindung des
gusseisernen Rahmens (Patent 1825), wodurch die Saiten stärker
gespannt werden konnten und das Klavier lauter, klangvoller und
stimmstabiler wurde. Die Kreuzsaitenbeziehung, bei der die
Basssaiten diagonal über die Diskantsaiten verlaufen, wurde zum
Standard.
Das Klavier als gesellschaftliches Zentrum
Im 19. Jahrhundert wurde das Klavier zum Mittelpunkt bürgerlicher
Salons und Privathäuser. Es war Symbol für Bildung, Kultur und
sozialen Status. Besonders junge Damen der gehobenen Gesellschaft
sollten Klavierspielen beherrschen. Virtuosen wie
Frédéric Chopin, Franz Liszt und
Clara Schumann begeisterten mit ihren Kompositionen
und Konzerten das Publikum in ganz Europa. Das Klavier prägte die
Musik der Romantik und wurde zum wichtigsten Soloinstrument der
Zeit. Klavierfabriken wie Steinway & Sons (gegründet 1853) in New
York und Bösendorfer (gegründet 1828) in Wien entwickelten den
modernen Konzertflügel zu seiner heutigen Perfektion.
Das Klavier im 20. Jahrhundert und heute
Im 20. Jahrhundert hielt das Klavier Einzug in Jazz, Ragtime, Blues,
Pop und Filmmusik. Künstler wie Duke Ellington,
Art Tatum und Thelonious Monk
revolutionierten das Jazz-Piano. In der Pop-Musik wurden Stars wie
Elton John, Billy Joel und
Alicia Keys zu Ikonen. Die Entwicklung von
Digitalpianos, E-Pianos und Keyboards in den 1970er und 80er Jahren
eröffnete neue klangliche Möglichkeiten und machte das Instrument
portabel und erschwinglich. Heute ist das Klavier aus der Musik
nicht wegzudenken – ob als Konzertflügel auf der großen Bühne, als
Klavier im Wohnzimmer oder als digitales Instrument im Studio. Es
bleibt eines der vielseitigsten und beliebtesten Instrumente der
Welt.
Ikonen der Tasten: Berühmte Pianisten
Diese Pianistinnen und Pianisten zeigen, wie unterschiedlich ein
Leben mit Tasten verlaufen kann – von Klassik bis Pop, von
tragischen Schicksalen bis zu triumphalen Erfolgen.
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Ludwig van Beethoven kam in Bonn zur Welt, wo sein talentierter aber
alkoholkranker Vater ihn oft hart und gnadenlos unterrichtete. Als
junger Virtuose zog Beethoven nach Wien, wo er mit improvisierten
Klavierduellen das Publikum begeisterte und sich als Pianist einen
Namen machte. Ab etwa 1798 verschlechterte sich sein Gehör
zunehmend, und trotz fortschreitender Taubheit komponierte er einige
der emotionalsten und revolutionärsten Werke der Musikgeschichte.
Seine späten Klaviersonaten und Streichquartette gelten als Gipfel
der Tonkunst. Beethoven prägte den Übergang von der Klassik zur
Romantik und zelebrierte jeden Tag seine 60 sorgfältig gezählten
Kaffeebohnen für seinen Morgenkaffee. Seine "Mondscheinsonate", "Für
Elise" und die 5. Sinfonie gehören zu den bekanntesten Werken der
klassischen Musik.
Erlebe die kraftvolle „Mondscheinsonate" (3. Satz):
Frédéric Chopin (1810-1849)
Der Pole Frédéric Chopin verließ Warschau nach dem gescheiterten
Novemberaufstand 1830 und fand in Paris ein künstlerisches Zuhause,
kehrte aber nie wieder nach Polen zurück. Er komponierte fast
ausschließlich für Klavier und entwickelte einen intimen, poetischen
Stil, der bis heute unerreicht ist. Seine Etüden, Nocturnes,
Mazurkas und Balladen sind technisch anspruchsvoll und gleichzeitig
von tiefer Emotionalität. Chopin gab elegante Salonkonzerte in
kleinen Kreisen statt in großen Konzertsälen, da sein zarter
Anschlag und subtiler Ausdruck in intimeren Settings besser zur
Geltung kamen. Er pflegte eine intensive Beziehung zur
Schriftstellerin George Sand und schwor auf die feinen
Pleyel-Flügel, die seiner Meinung nach seine Gedanken erahnten.
Chopin litt an Tuberkulose und starb mit nur 39 Jahren, hinterließ
aber ein Werk, das die Klavierliteratur für immer veränderte.
Höre das wunderschöne „Nocturne Op. 9 No. 2":
Lang Lang (geb. 1982)
Lang Lang wuchs im chinesischen Shenyang auf, wo sein Vater seine
gesamte Karriere aufgab, um ihn für die Ausbildung nach Peking zu
begleiten. Dort lebten sie in einer kleinen Wohnung ohne Heizung,
und Lang übte täglich viele Stunden. Mit 17 Jahren sprang er beim
Ravinia Festival als Ersatz ein, spielte Tschaikowskys 1.
Klavierkonzert und wurde über Nacht zum internationalen Star.
Seither trat er in den größten Konzertsälen der Welt auf, spielte
bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften und arbeitete mit
den renommiertesten Orchestern zusammen. Lang Lang ließ sich von
einer „Tom & Jerry"-Folge (in der Tom Klavier spielt)
inspirieren, später selbst eine Stiftung für Musikbildung zu
gründen. Er ist bekannt für seine energetische, emotionale und
manchmal theatralische Spielweise, die das klassische Publikum
polarisiert, aber Millionen begeistert.
Schau dir seine virtuose Interpretation von Chopins „La Campanella"
an:
Elton John (geb. 1947)
Sir Elton John, geboren als Reginald Dwight in Middlesex, England,
erhielt mit 11 Jahren ein Stipendium an der Royal Academy of Music
und zeigte schon früh außergewöhnliches Talent. Sein musikalisches
Gedächtnis war so beeindruckend, dass er Stücke nach einmaligem
Hören nachspielen konnte. In den späten 1960ern traf er den Texter
Bernie Taupin, und gemeinsam schufen sie über 300 Songs, darunter
Welthits wie "Your Song", "Rocket Man", "Tiny Dancer" und "Candle in
the Wind". Nach Jahren der Exzesse, Drogenabhängigkeit und
persönlicher Krisen fand er in den 1990ern zu einem stabileren Leben
und nutzt seither seinen Ruhm für die Elton John AIDS Foundation,
die Millionen für HIV/AIDS-Prävention und -Behandlung sammelte. Er
besitzt so viele extravagante Bühnenbrillen, dass sie ein eigenes
Archiv füllen, und seine Abschiedstournee "Farewell Yellow Brick
Road" (2018-2023) wurde eine der erfolgreichsten Tourneen aller
Zeiten.
Erlebe seine legendäre Performance von „Rocket Man":
Alicia Keys (geb. 1981)
Alicia Keys, geboren als Alicia Augello Cook, wuchs in Manhattan bei
ihrer Mutter auf, die als Teilzeit-Schauspielerin und Rechtsanwalts-
gehilfin arbeitete. Mit 7 Jahren begann sie Klavier zu spielen, und
ihre Mutter erkannte schnell ihr Talent. Alicia erhielt ein
Stipendium an der Professional Performing Arts School in Manhattan
und unterschrieb mit 15 Jahren ihren ersten Plattenvertrag. Sie
schloss die Highschool ein Jahr früher ab, um sich ganz auf die
Musik zu konzentrieren. Ihr Debütalbum „Songs in A Minor" (2001)
verkaufte sich über 12 Millionen Mal und machte sie zur mehrfachen
Grammy-Gewinnerin. Keys verbindet klassisches Klavierspiel mit R&B,
Soul und Hip-Hop und wurde zu einer wichtigen Stimme für soziale
Themen wie Frauenrechte und Rassismus. Sie gründete „She Is The
Music", um mehr Frauen in die Musikproduktion zu bringen, und setzt
sich für Authentizität ein – 2016 startete sie ihre "No
Makeup"-Bewegung, um natürliche Schönheit zu fördern.
Höre ihr kraftvolles „Fallin'" live am Klavier:
Berühmte Stücke & Songs zum Lernen
Hier sind einige zeitlose Klavierstücke und Songs, die sich
hervorragend für den Einstieg eignen. Wir haben dir Links zu Noten
und Tutorials zusammengestellt.
| Stück/Song |
Komponist/Künstler |
Warum es sich lohnt |
Link |
| Für Elise |
Ludwig van Beethoven |
Der absolute Klassiker für Anfänger! Jeder erkennt es, und
es ist einfacher als es klingt.
|
|
| River Flows in You |
Yiruma |
Modern und gefühlvoll. Perfekt, um Ausdruck und fließende
Bewegungen zu üben.
|
|
| Let It Be |
The Beatles |
Ein Pop-Klassiker mit schönen Akkorden und einfacher
Struktur. Ideal für Anfänger.
|
|
| Clocks |
Coldplay |
Das berühmte Arpeggio-Riff ist ein toller Einstieg in
moderne Spieltechniken.
|
|
| Comptine d'un autre été |
Yann Tiersen |
Aus dem Film „Die fabelhafte Welt der Amélie". Wunderschön
und nicht zu schwer!
|
|
Ausrüstung: Dein Weg zum perfekten Klavier
Die Welt der Klaviere und Digitalpianos ist vielfältig. Hier ist der
ultimative Guide für alles, was du am Anfang wissen musst und worauf
du achten solltest.
1. Klaviertypen: Akustisch vs. Digital
Akustische Klaviere:
Akustische Klaviere erzeugen ihren Klang durch Hämmer, die auf
Saiten schlagen. Der Klang ist warm, organisch und von
unvergleichlicher Dynamik. Allerdings sind sie schwer, teuer und
benötigen regelmäßige Wartung (Stimmen).
-
Konzertflügel: Die Königsklasse! Flügel haben
horizontal liegende Saiten und bieten durch ihre Größe (1,5m bis
über 2,7m) den vollsten, resonantesten Klang. Perfekt für Konzerte
und professionelle Musiker. Marken: Steinway & Sons, Bösendorfer,
Fazioli, Bechstein.
-
Stutzflügel: Kleinere Flügel (1,5m bis 1,9m) für
zuhause. Sie bieten immer noch exzellenten Klang, aber sind
kompakter und günstiger als Konzertflügel.
-
Klavier (Pianino): Das klassische "aufrechte"
Klavier mit vertikal gespannten Saiten. Platzsparend und günstiger
als Flügel. Perfekt für Wohnungen. Klanglich etwas weniger
dynamisch, aber für die meisten Zwecke mehr als ausreichend.
Digitalpianos:
Digitalpianos simulieren den Klang und das Spielgefühl eines
akustischen Klaviers elektronisch. Sie sind günstiger, wartungsfrei,
nie verstimmt und haben Kopfhöreranschlüsse für leises Üben. Moderne
Digitalpianos klingen beeindruckend realistisch!
-
Hammermechanik (Weighted Keys): Achte darauf,
dass das Digitalpiano gewichtete Tasten hat, die das Spielgefühl
eines echten Klaviers simulieren. Die Tasten sollten schwerer sein
als bei einem Keyboard.
-
Klangqualität: Hochwertige Samples von echten
Konzertflügeln (Steinway, Yamaha CFX, etc.) machen den
Unterschied. Teste verschiedene Modelle!
-
Empfehlenswerte Marken: Yamaha (P-Serie,
Clavinova), Roland (FP-Serie, HP-Serie), Kawai (ES-Serie,
CA-Serie), Casio (Privia-Serie).
-
Preis-Tipp: Gute Einsteigermodelle gibt es ab
300€ (z.B. Yamaha P-45, Roland FP-10). Für 800-1500€ bekommt man
bereits sehr hochwertige Instrumente mit exzellentem Klang und
Anschlag.
Stagepianos:
Portabel und für die Bühne konzipiert. Meist ohne eingebaute
Lautsprecher, aber mit vielen Sounds und Anschlüssen. Perfekt für
giggings Musiker. (z.B. Nord Piano, Yamaha CP-Serie, Roland
RD-Serie)
2. Zubehör: Das brauchst du noch
-
Klavierbank/-hocker: Höhenverstellbar! Die
richtige Sitzhöhe ist entscheidend für eine gesunde Haltung und
entspanntes Spielen.
-
Notenständer: Für Digitalpianos oft nicht im
Lieferumfang. Ein stabiler Notenständer ist wichtig.
-
Kopfhörer: Für Digitalpianos. Achte auf
geschlossene Studio-Kopfhörer mit gutem Klang (z.B. Audio-Technica
ATH-M50X, Beyerdynamic DT 770).
-
Sustain-Pedal: Bei günstigen Digitalpianos oft
minderwertig. Ein gutes Sustain-Pedal (z.B. Yamaha FC3A) macht
einen großen Unterschied.
-
Metronom: Zum Üben unverzichtbar! Gibt es als
mechanisches Gerät, elektronisch oder als App.
-
Klavierlampe: Für bessere Beleuchtung der Noten,
besonders abends.
3. Pflege & Wartung
Akustische Klaviere: Sollten 1-2x jährlich von
einem Klavierstimmer gestimmt werden. Regelmäßig Staub entfernen
(mit weichem Tuch), keine Getränke abstellen, gleichmäßige
Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit (ideal: 18-22°C, 40-60%
Luftfeuchtigkeit).
Digitalpianos: Tasten regelmäßig mit leicht
feuchtem Tuch abwischen. Keine aggressiven Reinigungsmittel! Vor
Staub schützen, eventuell eine Abdeckung verwenden.
4. Kauftipps
-
Akustisches Klavier: Gebrauchte Instrumente von
renommierten Marken (Yamaha, Kawai, Steinway) sind oft eine gute
Wahl. Lass dich von einem Klavierbauer beraten und nimm jemanden
mit, der Klavier spielt!
-
Digitalpiano: Teste mehrere Modelle im Geschäft.
Achte auf Tastengefühl, Klang und Verarbeitung. Online-Käufe sind
günstiger, aber du solltest das Modell vorher angespielt haben.
-
Für Kinder: Ein Digitalpiano ist oft die bessere
Wahl, da günstiger und wartungsfrei. Wenn das Kind dabeibleibt,
kann man später auf ein akustisches Instrument upgraden.